Das
Körperliche
Körperlichkeit und Utopie stehen bei Günther Domenig in einem unverbrüchlichen Naheverhältnis, überlagern sich bei vielen Projekten und speisen sich gegenseitig. Das eine findet sich im anderen wieder. So erinnern Skizzen der Z-Sparkasse in Wien an das Skelett eines eigenartigen Wirbelwesens, die organische Struktur des Inneren der Mehrzweckhalle bei den Schulschwestern in Graz Eggenberg an einen Uterus. Es ragen Pranken und Finger aus den Bauwerken, manchmal subtil, manchmal klar und raumgreifend. Die Hand als Stellvertreterin für ein genuines Schaffen – in Günther Domenigs zeichnerischen Werk sehr präsent – wird zu einem prägenden architektonischen Merkmal. Sowohl die Anlage der Z-Sparkasse und die Umbauten der Humanic-Filialen (vor allem in Wien), aber auch das Steinhaus selbst sind bestimmt von diesem Motiv und scheinen aus der Reihe der sie umgebenden Architektur heraustreten zu wollen bzw. sich über die Geste des „Greifens“ den Raum aneignen zu wollen.
Vielen von Domenigs Bauten wohnt eine subtile Widerspenstigkeit inne, die schwer in Worte zu fassen ist. Manche scheinen sich gegen ihre angedachte Funktion zu stellen, andere gegen die Pläne der Auftraggeber:innen oder die Wünsche der Benutzer:innen: Schauspieler:innen weigern sich, auf ihrer Probebühne zu proben. Die Institute der Fakultät für Architektur in Graz – abgesehen von Domenigs eigenem – werden das für sie geplante Gebäude nie beziehen. Die ehemalige Bankfiliale wird zum Kofferladen, dann zum Leerstand. Sie sei unputzbar, bemerkt der damalige Eigentümer einmal in einem Nebensatz. Man könnte meinen, diese Gebäude seien „unnütz“. Aber bei genauer Betrachtung stellt sich heraus, wie sie ihre Umwelt in sich aufsaugen und sie verändern. Fast so, als wären sie lebendige Organismen. Sie erfüllen eben nicht nur eine Funktion, sondern besitzen ein Eigenleben, das uns dazu zwingt, unsere Vorstellungen von Benützbarkeit und Funktion zu überdenken.
Projekte
- GÜNTHER DOMENIG © Foto: Gerhard Maurer, 2022Günther Domenig erhält die Einladung zum Entwurf einer Filale der Z-Sparkasse in Wien Favoriten während des Baus der Schulschwestern direkt vom damaligen Direktor der Bank, Karl Vak. (In dieser Zeit entstehen nicht nur weitere von namhaften Architekten geplante Filialen, die Bank beginnt auch, zeitgen…→ mehr
Holzsteg Steinhaus, Steindorf am Ossiacher See, 1976–1981
GÜNTHER DOMENIG Der Holzsteg beim Steinhaus ist die erste Maßnahme, die Günther Domenig in Bezug auf die Besetzung des Grundstückes seiner Großmutter trifft. Er führt nicht vom Ufer in den See hinein, sondern vielmehr aus dem Wasser heraus an Land. Eine komplizierte Konstruktion, eine gebaute Schwingung, eine besitzergreifende Geste und ein Objek…→ mehrHumanic Alser Straße, 1978 - 1980
GÜNTHER DOMENIG © Foto: Gerhard Maurer, 2022 Nach der Z‑Sparkasse beschäftigte sich Günther Domenig über mehrere Jahre hinweg mit dem Umbau einiger Filialen der Fachhandelskette „Humanic“, die in ihrem Marketing sehr früh und als erste konsequent auf die künstlerische und architektonische Avantgarde setzte – die Werbespots des Unternehmens sind…→ mehrMehrzweckhalle der Schulschwestern, Graz-Eggenberg, 1974–1979
GÜNTHER DOMENIG/ EILFRIED HUTH © Gerhard Maurer, 2022 Die ungewöhnliche und einzigartige Mehrzweckhalle der Schulschwestern in Graz ist in mehrfacher Hinsicht zentral für Günther Domenigs Auffassung von Architektur sowie für seine Selbstdefinition als Künstler und Architekt. Zunächst basierte das Projekt noch auf einem mit Eilfried Huth erarbeit…→ mehr