Zentralsparkasse, Wien, 1976–1979

Körperlichkeit und Utopie stehen bei Günther Domenig in einem unverbrüchlichen Naheverhältnis, überlagern sich bei vielen Projekten und speisen sich gegenseitig. Das eine findet sich im anderen wieder. So erinnern Skizzen der Z-Sparkasse in Wien an das Skelett eines eigenartigen Wirbelwesens, die organische Struktur des Inneren der Mehrzweckhalle bei den Schulschwestern in Graz Eggenberg an einen Uterus. Es ragen Pranken und Finger aus den Bauwerken, manchmal subtil, manchmal klar und raumgreifend. Die Hand als Stellvertreterin für ein genuines Schaffen – in Günther Domenigs zeichnerischen Werk sehr präsent – wird zu einem prägenden architektonischen Merkmal. Sowohl die Anlage der Z-Sparkasse und die Umbauten der Humanic-Filialen (vor allem in Wien), aber auch das Steinhaus selbst sind bestimmt von diesem Motiv und scheinen aus der Reihe der sie umgebenden Architektur heraustreten zu wollen bzw. sich über die Geste des „Greifens“ den Raum aneignen zu wollen.
Vielen von Domenigs Bauten wohnt eine subtile Widerspenstigkeit inne, die schwer in Worte zu fassen ist. Manche scheinen sich gegen ihre angedachte Funktion zu stellen, andere gegen die Pläne der Auftraggeber:innen oder die Wünsche der Benutzer:innen: Schauspieler:innen weigern sich, auf ihrer Probebühne zu proben. Die Institute der Fakultät für Architektur in Graz – abgesehen von Domenigs eigenem – werden das für sie geplante Gebäude nie beziehen. Die ehemalige Bankfiliale wird zum Kofferladen, dann zum Leerstand. Sie sei unputzbar, bemerkt der damalige Eigentümer einmal in einem Nebensatz. Man könnte meinen, diese Gebäude seien „unnütz“. Aber bei genauer Betrachtung stellt sich heraus, wie sie ihre Umwelt in sich aufsaugen und sie verändern. Fast so, als wären sie lebendige Organismen. Sie erfüllen eben nicht nur eine Funktion, sondern besitzen ein Eigenleben, das uns dazu zwingt, unsere Vorstellungen von Benützbarkeit und Funktion zu überdenken.