Zentralsparkasse, Wien, 1976–1979

GÜNTHER DOMENIG

© Foto: Gerhard Maurer, 2022

Günther Domenig erhält die Einladung zum Entwurf einer Filale der Z­-Sparkasse in Wien Favoriten während des Baus der Schulschwestern direkt vom damaligen Direktor der Bank, Karl Vak. (In dieser Zeit entstehen nicht nur weitere von namhaften Architekten geplante Filialen, die Bank beginnt auch, zeitgenössische Kunst zu sammeln.) Es ist dies eine Zeit, in der sich die Zentralsparkasse nicht nur als Finanzdienstleisterin versteht, sondern auch eine kulturelle Verantwortung übernimmt. Diese Bedingungen spielen den Intentionen des Architekten perfekt in die Hände, denn nur so kann er ein Gebäude entwickeln, welches jegliche herkömmliche Vorstellung einer Bank negieren kann – auch gegen den Widerstand des Auftraggebers selbst.

Der Entwurf ist von Dynamik bestimmt. Jedes Element, egal ob Fassade, Treppenaufgang oder die Sichtbarkeit der Infrastruktur, arbeitet diesem Moment zu.

Im Kontext der Favoritenstraße entfaltet Domenigs Gebäude eine skulpturale Wirkung, die verstärkt wird durch die Form der dreidimensionalen, zwischen den beiden benachbarten Häusern hervortretenden Fassade.

Es ist dies eine Mischung aus organischem, skelettartigem Körper, der wie eine Krake (oder Hand) in den öffentlichen Raum greift, und einer über die Passant:innen gespannten schützenden Geste (in den Entwurfszeichnungen noch weit betonter und auskragender angelegt). Die Baustelle wird hier zum technologischen Experimentierfeld und Domenig selbst ist intensiv involviert. Vieles wird vor Ort entschieden und weicht von Plänen ab. Die Skulptur der Hand des Architekten ist ein zentrales Element im Gebäude. Die innere Raumorganisation ist außen ablesbar. Die halbgeschossig versetzten Etagen des unteren Gebäudeteiles bilden eine Einheit, die durch ein zentrales, organisch gewundenes Stiegenelement strukturiert ist. Konstruktion und Haustechnik sind sichtbar und jedes verwendete Material, ob Beton, Stahl oder Blech, darf in seinem unveränderten Charakter wirken. Ihr Zusammenspiel ergibt die Komplexität dieser einzigartigen Architektur.

Die Z­-Sparkasse polarisierte von Anfang an und verschuf Günther Domenig internationale Aufmerksamkeit. Die Diskussionen über das Gebäude sind nach wie vor im Gang. Fest steht, dass mit diesem Projekt ein architektonisches Wahrzeichen der Stadt Wien entstanden ist, das Domenigs formale und konstruktive Haltung klar und deutlich kommuniziert.

Objekte

Margherita Spiluttini: Zentralsparkasse Wien // AZW
Eine der wenigen weiblichen, und nicht nur deshalb sehr relevanten Positionen der österreichischen Architekturfotografie ist Margherita Spiluttini. 1980 und 82 porträtierte sie die 1979 eröffnete Zentralsparkasse in Wien Favouriten und fängt die architektonische Feinheiten im Neubau eindrücklich e…
→ weiterlesen
BAUEN: AUSDRUCK DES EIGENEN. NOTIZEN ZUM FRÜHEN GÜNTHER DOMENIG // Matthias Boeckl
Im Alter von vierzig Jahren definierte Günther Domenig mit seinem wegweisenden Gebäude der Z‑Bankfiliale in Wien-Favoriten (1974 – 79) das Bauen als höchstpersönliches, potenziell autobiografisches Ausdrucksmedium. Nach der frühen Partnerschaft mit Eilfried Huth in Graz (1963 – 73) war es der erste Bau…
→ weiterlesen
Die Zweigstelle von Favoriten war ein extremes, skulpturales, vieldiskutiertes Meisterstück der Grazer Schule‘, auch eine kulturelle Herausforderung auf Wiener Boden.”
—Friedrich Achleitner, Kritiker
→ weiterlesen
Günther Domenig (ist) im Gespräch: Peter Noever und Andrea Schurian
Günther Domenig (ist) im Gespräch: Peter Noever und Andrea Schurian
25.08.2022 Museum Moderner Kunst Kärnten Andrea Schurian und Peter Noever im Gespräch Im Gespräch wird von den beiden Gesprächspartnerinnen die Relevanz Günther Domenigs für die Architekturentwicklung in Österreich besprochen und zugleich der Versuch unternommen eine internationale Verortung vorz…
→ ansehen
Viele Architekturkritiker hielten diese Hand, die den Bau von innen zu tragen, gleichsam aus dem Nichts zu ziehen scheint, für überflüssige Übertreibung. Für Kitsch. Ist es nicht. Es ist ein Symbol für einen Paradigmenwechsel in der modernen Architektur, für die Wiederherstellung der archet…
—Jan Tabor, Architekturkritiker
→ weiterlesen
Diese Webseite verwendet Cookies. → Mehr erfahren