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Über
Günther Domenig

EIN LEBEN AUS WIDERSTAND

Günther Domenig wird 1934 in Klagenfurt geboren, verbringt seine Kindheit im Mölltal, einem engen und von hohen Bergen gesäumten Tal in Oberkärnten, wo er während des Zweiten Weltkriegs – unterbrochen von Sommeraufenthalten bei seiner Großmutter am Ossiacher See – bis 1946 lebt.
Hier bildet sich ein zentrales Motiv seiner Architektur aus: die schroffe Gebirgslandschaft mit den vielfältigen Steinformationen, die für den Bau des Steinhauses zentral ist – eine Verschmelzung organischer und anorganischer Architektur.

Günther Domenig wird in eine nationalsozialistische Familie geboren. Sein Vater ist Bezirksrichter in Klagenfurt und Nationalsozialist. 1944 wird er in Triest von Partisanen aufgegriffen und hingerichtet. Die Mutter ist ebenfalls NSDAP-Funktionärin.
Wohl auch infolgedessen hat Günther Domenig eine Widerständigkeit entwickelt, die sich auf vielen Ebenen manifestiert, indem er sich u.a. gegen alle architektonischen Konventionen der Nachkriegszeit stellt, sich einer bestimmten Form der Nutzung widersetzt und gesellschaftliche Normen hinterfragt. Er hadert zeitlebens mit seiner Herkunft und wird zum erklärten Antifaschisten. Seine Versöhnung mit der eigenen familiären Geschichte geschieht erst mit dem Projekt für das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, bei dem es sich um einen schonungslosen Eingriff in einen historisch hochbelasteten Bestand handelt. Eingriff und Widerstand werden zu einer überzeugenden Einheit und zum Manifest einer künstlerischen Ethik“ (Peter Noever).

Von 1953 bis 1959 absolvierte Günther Domenig das Studium der Architektur an der Technischen Hochschule in Graz. Hier arbeitete er ab 1960 als freischaffender Architekt und etablierte seine Partnerschaft mit seinem Studienkollegen Eilfried Huth. Mehr als ein Jahrzehnt lang arbeiteten die beiden in einer symbiotischen Partnerschaft, die sich in einer Vielzahl von Projekten niederschlägt. In dieser Zeit entstanden utopische Projekte wie die Megastruktur Neue Wohnform Ragnitz“, die den beiden 1969 den Grand Prix International d’Urbanisme et d’Architecture in Cannes einbringt.

Zu Beginn noch von Vorbildern wie Walter Förderer oder Gottfried Böhm – beide Vertreter des Brutalismus in der Schweiz und in Deutschland, die sich wiederum an Le Corbusiers plastischen Sichtbetonbauten orientieren – beeinflusst, entwickeln sie eine eigene Architektursprache, die dem Zeitgeist der späten 1960er und frühen 1970er Jahre folgend sich zur Grazer Schule entwickelt und somit eine ganze Generation von Architekt:innen prägt.

1980 wird Günther Domenig Professor für Wohnbau und Entwerfen am Institut für Gebäudelehre der TU Graz, zahlreiche Gastprofessuren im Inund Ausland folgen.

Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Eilfried Huth 1973 arbeitet Günther Domenig alleine am Entwurf für die Z‑Sparkasse in Wien Favoriten, die ihn auf einen Schlag bekannt macht und zugleich seinen Ruf als polarisierender Architekt begründet – eine Zuschreibung, die ihn zeitlebens begleitet.

Günther Domenigs Arbeit ist aber weiterhin geprägt vom kollaborativen Gedanken, der sich in der Zusammenarbeit mit vielen Architekten als Büropartner niederschlägt. Volker Giencke, Hermann Eisenköck, Peter Hellweger, Architektur Consult und Gerhard Wallner sind hier zu nennen. In dieser Zeit entstehen alle großen Projekte, als letztes das T‑Center St. Marx (2000−2004) in Wien.

Über den Zeitraum von nahezu dreißig Jahren – beginnend bereits in den 1970ern – beschäftigt sich Günther Domenig mit seinem radikalsten Werk, dem Steinhaus in Steindorf am Ossiacher See.

Mit dem Steinhaus hat er sich unnachgiebig einen Ort des Rückzugs geschaffen, ein einzigartiges Laboratorium. Dieses urbane Gefüge steht – gleich einer Apokalypse‘ – in krassem Widerspruch zu aller ihn umgebenden Konvention. Dieses Haus, nicht zuletzt ob seines Charakters als prozessuale Architektur, als Work-in-Progress, ist bis heute Avantgarde geblieben. Das Steinhaus bleibt angesichts seiner Unabschließbarkeit Utopie.

Seine Realisation muß also den Abbruch in Kauf nehmen, was sein Werk zu einer Allegorie menschlicher Existenz werden läßt“ (Peter Noever).
2012 stirbt Günther Domenig in Graz.


AUSZEICHNUNGEN (AUSWAHL)

2010 GerambRose des Vereins BauKultur Steiermark, Therme Bad Gleichenberg

2009 Josef-Lackner-Preis der Fakultät für Architektur der Universität Innsbruck

2006 Staatspreis für Architektur, T‑Center St. Marx, Wien

2006 ZV-Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekt:innen Österreichs, T‑Center St. Marx, Wien

2004 Großer Österreichischer Staatspreis 2004 Otto Wagner Städtebaupreis, T‑Center St. Marx, Wien

2004 Goldener Löwe für Transformationen“, 9. Architekturbiennale in Venedig, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg

2004 Österreichisches Ehrenkreuz Wissenschaft und Kunst 1. Klasse

1996 Würdigungspreis des Landes Kärnten 1995 Goldene Ehrenmedaille der Stadt Wien

1975 Prix Européen de la Construction Metallique 1975

1969 Grand Prix International d‘Urbanisme et d‘Architecture, Cannes, Neue Wohnform Ragnitz

Objekte

Das Biografische
EIN LEBEN AUS WIDERSTAND Günther Domenig wird 1934 in Klagenfurt geboren, verbringt seine Kindheit im Mölltal, einem engen und von hohen Bergen gesäumten Tal in Oberkärnten, wo er während des Zweiten Weltkriegs – unterbrochen von Sommeraufenthalten bei seiner Großmutter am Ossiacher See – bis 1946 …
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Da Domenig schon lange Architekt ist, liegt es nahe, daß er die Architektur auf den Prüfstand bringt, es ist aber keinesfalls sicher, daß bei seinen Versuchen Architektur‘ herauskommt. Sollte auf diesem Weg ein Stück dieses Begriffes verlorengehen, wäre das kein großes Unglück. Dieses Verfahre…
—Walter Pichler, Künstler
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Er war im besten Sinn ein unbeugsamer, unkorrumpierbarer Mensch. Er hat sich weder von Lob noch Tadel, von Auszeichnungen noch Schmähungen davon abbringen lassen, das zu tun, was er für gute Architektur gehalten hat. Und das war nichts Statisches, was ihn so aktuell und zeitgenössisch macht. Es w…
—Ines Mitterer, Kulturjournalistin
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Er schneite damals herein in einem weißen Anzug, weißes Haar, das Gesicht sonnengebräunt, er kam mir vor wie Günther Sachs, ich dachte wirklich, wer ist dieser Playboy? Dann merkte ich, wie alle sich sofort um ihn zentrierten, sie schätzten ihn, ganz offensichtlich, sie bewunderten ihn, er hatte …
—Elisabeth von Samsonow, Philosophin und bildende Künstlerin
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Es gibt zwei Verrückte in diesem Land, der eine bist Du, der andere bin ich.” 
—Günther Domenig zu Cornelius Kolig, bildender Künstler
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ÜBER BIOGRAFIE UND ARCHITEKTUR // Simone Egger
Voraussetzungen Wie lässt sich ein Leben beschreiben? Was ist über einen Menschen zu sagen? Was charakterisiert eine Biografie? Eine Lebensgeschichte hängt von verschiedenen Faktoren ab, geht von Chancen, aber auch von Widerständen aus, die einen Werdegang nahelegen oder innerhalb einer Gesellschaf…
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Günther Domenig (ist) im Gespräch: Peter Noever und Andrea Schurian
Günther Domenig (ist) im Gespräch: Peter Noever und Andrea Schurian
25.08.2022 Museum Moderner Kunst Kärnten Andrea Schurian und Peter Noever im Gespräch Im Gespräch wird von den beiden Gesprächspartnerinnen die Relevanz Günther Domenigs für die Architekturentwicklung in Österreich besprochen und zugleich der Versuch unternommen eine internationale Verortung vorz…
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Günther Domenig (ist) im Gespräch: Roger Connah
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13 Oktober 2022 im aut. architektur und tirol Die Vortrags- und Gesprächsreihe mit Zeitgenoss:innen, Expert:innen und Architekt:innen nimmt eine aktuelle Verortung des Werks Günther Domenig vor. EIN VORTRAG VON ROGER CONNAH MIT STUDIO3 IM AUT. ARCHITEKTUR UND TIROL INNSBRUCK Roger Connah, Kurator, …
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DER PFAHL INS MARK DER IDEOLOGIE // Doris Lippitsch
Domenig war ein kompromissloser Geist und streitbarer Mensch, ein unbändiges Energiebündel, ein Grazer Superstar mit Charisma und Humor, ein Spleen de Graz ohne jede falsche Bescheidenheit, ein Grenzgänger und Enfant terrible, ein Klagenfurter Bua von der Mur mit Ferrari aus dem Stall Marko, ein In…
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Günther Domenig: DIMENSIONAL - FORUM
Günther Domenig: DIMENSIONAL - FORUM
Samstag, 24.9.2022DOMENIG STEINHAUS, Steindorf am Ossiacher See ganztägiges ForumModeration: Ines Mitterer, Kulturjournalistin (ORF) Drei Blöcke, jeweils 100 Minuten, mit spezifischen Themenfoci und jeweils zwei Impulsen von separat geladenen Teilnehmer:innen: Hans Ulrich Reck (Kulturtheoretiker…
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GÜNTHER DOMENIG (IST) IM GESPRÄCH: THE NEXT GENERATION
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22.09.2022 Architektur Haus Kärnten NEXT GENERATION mit Peter Kaschnig, Ernst Roth, Marion Starzacher, Uli Tischler und Harald Weber im Architektur Haus Kärnten Peter Kaschnig, Architekt und Mitbegründer von halm.kaschnig.wührer Architekten Ernst Roth, Architekt, Gründer des Architekturbüros DI Ern…
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Günther Domenig (ist) im Gespräch: THE NEXT ENTERPRISE ARCHITECTS
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18.08.2022 Heft/​Hüttenberg Zwischen Historie und zeitgenössischer Architektur – ein performativer Vortrag von the next ENTERprise Architects. Sie laden zur assoziativen Fährtensuche zwischen realen und fiktiven Räumen und Gebilden. Mit Textinterventionen gelesen von Sabine Kienzer und Ina Sattelege…
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Günther Domenig: DIMENSIONAL // TRAILER
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Die kärntenweite Ausstellung zeigt erstmals das spektakuläre Gesamtwerk eines der wichtigsten österreichischen Architekten über vier programmreiche Monate an vier einzigartigen Orten. Eine Ausstellung im Museum Moderner Kunst Kärnten und im Architektur Haus Kärnten spannt einen breiten Bogen über …
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ORF Erlebnis Österreich: Demonig/Domenig
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Anlässlich seines 10. Todestags wird der Künstler-Architekt Günther Domenig (*1934 Klagenfurt/+2012 in Graz) von Juni bis Oktober mit einem Forschungs- und Ausstellungsprojekt an vier Kärntner Orten gewürdigt (Domenig Steinhaus/Heft-Hüttenberg/Museum Moderner Kunst/​Architekturhaus Kärnten). Diese P…
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Dimensional in der Heft 2023
AUSSTELLUNG 2023:Günther Domenig: DIMENSIONALHEFT/HÜTTENBERG Eröffnung: Samstag, 22. Juli 2023, 17:00 Uhr Heft/​Hüttenberg9375 Hüttenberg, Kärnten Aus Anlass der dauerhaften Öffnung des von Günther Domenig entworfenen Gebäudekomplexes für eine Landesausstellung in der Heft in Hüttenberg, Kärnten, wi…
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