Das Utopische im Kontext

architektur wie wir sie meinen, architektur als abbild einer sich permanent entwickelnden umwelt einer zukünftigen fortgeschrittenen gesellschaft, ergibt heute das grundvokabular in unseren sozialpolitischen diskussionen zum evolutionären humanismus und könnte ein erster wichtiger schritt zur objektivierung und befreiung vom autoritären und pressiven parteipolitischen mißbrauch heutiger tage sein.“

HUTH/DOMENIG, TRIGON 69, 1969

Wir befinden uns in den 1960ern und 70ern, den Jahren der österreichischen Avantgarde:

Günther Domenig und Eilfried Huth sind Teil einer Kunst­ und Architekturszene geprägt von Coop Himmelblau, Zünd­Up, Salz der Erde oder Klaus Pinter als Teil von Haus­Rucker­Co und Gustav Peichl. Dieser vorwiegend männliche Kreis ist vernetzt mit internationalen

Positionen wie Franco Fonatti, der britischen Architekturgruppe Archigram mit Peter Cook oder Lebbeus Woods in den USA. Weibliche Positionen sind rar. Angela Hareiter ist, als Teil von Missing Link, neben Valie EXPORT eine der wenigen.

Was die Akteur:innen eint, ist der Wunsch nach einem radikalen Bruch mit und dem Neudenken von Gesellschaft im Allgemeinen und Architektur im Speziellen. Die gebaute Umgebung wird als Abbild der herrschenden Gesellschaftsverhältnisse gesehen und von den Gruppen radikal in Frage gestellt.

Man arbeitet in Kollektiven, Grenzen zwischen den Disziplinen verschwinden. Manifeste begleiten utopische Bauprojekte und Megastrukturen, die näher an Science Fiction sind als an Architektur im klassischen Sinne. Der Übergang zwischen Design und Kunst ist fließend, Aktionismus und Performance sind Teil der Projekte. Kybernetik wird zur Methode. Ganz oben stehen das Gedankenexperiment und die Idee. Dennoch hat speziell die österreichische Avantgarde vieles in der Realität umgesetzt.

Neu sind dabei einerseits die Mittel: neue technologische Entwicklungen, neue Materialien und Möglichkeiten der Produktion, neue Massenmedien.

Neben der Verwendung neuer Mittel, teilen die Akteure (großteils Männer) auch ein neues Verständnis von Architektur als Medium: Architektur wird losgelöst vom Bauwerk. Oder in den Worten Holleins: Alle sind Architekten. Alles ist Architektur.

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